Interior Design Projekt: Gästewohnung in Hamburg Ottensen

Von Februar bis April 2017 war ich zeitweise mit einem Interior Projekt beschäftigt, dass ich Euch gerne vorstellen möchte.


Der Auftrag lautete, eine hübsche, aber verwohnte, 120 qm große Altbau-Familienwohnung auf 2 Etagen in eine komfortable Gästeunterkunft für 8 Personen zu verwandeln.

Bei meinem ersten Besuch war die Maisonette noch komplett eingerichtet und meine Aufgabe bestand auch darin, sie auszuräumen. Da das Budget für Neuanschaffungen knapp kalkuliert war, musste ich zu einem großen Teil mit den Möbeln arbeiten, die sich bereits in der Wohnung befanden hauptsächlich Möbel von Ikea.

    

Es ging also nicht so sehr darum, alles komplett neu einzurichten, sondern der Wohnung mit überschaubaren Mitteln ein „Makeover“ zu verpassen.

Der erste Schritt bestand darin, sich einen Überblick zu verschaffen und eine Bestandsaufnahme der Möbel und Acessoires zu machen, die meiner Ansicht nach in der Wohnung verbleiben konnten und weiterhin verwendet werden sollten.

Dabei ist es hilfreich, sich stets die Gäste-Perspektive vor Augen zu führen. Gäste schätzen neben den äußeren Rahmenbedingungen wie Lage, Größe und Preis-Leistungsvorhältnis vor allem die Ausstattung und den Komfort.

Mit ihrer großzügigen Aufteilung auf zwei Etagen und der kleinen Gartenterrasse sowie einem Extra-Balkon, ist die Wohnung wie geschaffen für Gäste, die in größerer Zahl gemeinsam verreisen. Insgesamt sollten 8 Schlafplätze entstehen, zwei davon für Kleinkinder. In der Wohnung finden also zwei Paare plus Kinder Platz, perfekt, für z.B. eine gemeinsame Hamburg-Reise mit den Großeltern oder für eine Gruppe von Freunden, die gemeinsam eine Veranstaltung besuchen und nebenher ein tolles Ambiente geniessen wollen.

Ich wollte eine Atmosphäre schaffen, die, trotz aller budgetären Kompromisse, einen gewissen Stil und das Gefühl des Willkommenseins vermittelt. Hierfür setzte ich auf Farben und Wohnaccessoires, die zeitlos sind und von Menschen jeglicher Altersklasse als behaglich empfunden werden. Licht und Weitläufigkeit sowie schöne Stuck-Ornamente und auch Holzfussböden waren bereits vorhanden. Nun galt es, den Räumen mehr Ausdruck und Struktur zu verleihen und sie so auszustatten, dass es den Gästen an nichts mangelt.

Zuallererst: Ausräumen

Im nächsten Schritt folgte eine großangelegte Ausräumaktion, für die ich ein Team aus erfahrenen Umzugskräften rekrutierte. Es ging vor allem darum, die Räume von allen persönlichen Gegenständen zu befreien und Platz zu schaffen  eine weiße Leinwand also, auf der die grundsätzlichen Überlegungen stattfinden konnten. Denn so sehr Gäste ein persönliches Umfeld schätzen, ist es dennoch ebenfalls wichtig, Raum für ihre persönliche Entfaltung zu lassen, indem der Gastgeber seine Sammelsurien soweit eingrenzt, dass nicht jede Ecke vollgestellt; nicht jede Wand komplett zugehängt ist. Gerade dieser Aspekt ist ein schmaler Grat, nämlich zwischen Anregung und Inspiration auf der einen Seite (also Angebote machen, funktionale Vorgaben schaffen, wie Räume und Gegenstände zu nutzen sind) und dem Aufoktroyieren fremder Ästhetik auf der anderen. Irgendwo dazwischen ist genau richtig.

Nachdem die Räume bis auf wenige Möbel leer waren, wurden die Schlafplätze und Funktionialitäten ausgeknobelt. Wie soll die Wohnung aufgeteilt und genutzt werden? In welchen Räumen finden Schlafen, Essen, Hygiene, Aufbewahrung statt? Was wird für einen 8-Personen Haushalt benötigt?

Ich spielte Tetris und durchdachte alle möglichen Stellkombinationen der Möbel. Durch ihre Aufteilung  auf andere Räume kamen einige von ihnen plötzlich völlig anders zur Geltung. Schränke und Kommoden, die in dunklen Ecken ihr Dasein gefristet hatten und mit Spielzeug oder Kleidern überquollen, hatten nun, da sie „umgewidmet“ waren, eine neue Aufgabe zu erfüllen und tun dies noch immer mit Stolz.

Ich entschied mich dafür, alle Schlafplätze in die obere Etage zu verlagern und die unteren Räume als „Aufenthaltsräume“ zu nutzen. Küche, Essküche, Wohnzimmer, Arbeitszimmer und ein funktionales Bad, in welchem auch Waschmaschine, Trockner und eine zweite Badewanne untergebracht sind, befinden sich auf der unteren Etage. So ist abends Geselligkeit möglich, ohne dass sich schlafenden Kinder oder andere Gäste, die sich zurückziehen möchten, gestört fühlen. Auch bestärken Schlafräume auf höheren Ebenen das Sicherheitsgefühl.

Das Farbkonzept

Im nächsten Schritt entstand das Farbkonzept, welches mit wenigen, aber ausgesuchten Farben der großen, weiß-wandigen und dadurch etwas sterilen Wohnung Leben einhauchte. Hierfür verwendete ich Farben von Farrow & Ball. Die lange Flure bekamen den unaufdringlichen Grauton „Dimpse 277“, das Bad den Blauton „Borrowed Light 235“, das Kinderzimmer „Setting Plaster 231“, eines der Schlafzimmer den Ton „Railings 31“ und das zweite Schlafzimmer „Oxford Stone 264“. Das dritte Schlafzimmer behielt weiße Wände, da dort ein eingebauter Jugendstil Kachelofen bereits für farbliche Ausgewogenheit sorgt.

In der anschließenden Renovierungsphase wurden Wände gespachtelt und gestrichen, Fußleisten verlegt sowie Silikonverdichtungen erneuert. Schließlich war es so weit, dass die eigentliche Einrichtungs- und Ausstattungsphase beginnen konnte.

Lampen und Boden-Beläge

Mir liegt das Thema Beleuchtung sehr am Herzen, denn diese sollte niemals unterschätzt werden. Falsches Licht kann die Atmosphäre empfindlich stören und jegliches Raum- und Gastlichkeitskonzept zunichte machen. Ich plante also einen guten Teil des Budgets für Lampen ein und setzte dort, wo es notwendig war, auf Funktionslicht, also helle Tageslicht- und LED Lampen (z.B. in den Bädern), aber auch und vor allem auf eine stimmungsvolle Akzentbeleuchtung, die durch viele kleine Lampen und indirekte Lichtquellen (z.B. Seitenauslässe) erzielt wird. Hierfür kamen Warmlichtglühbirnen mit unter  2700 Kelvin Farbtemperatur zum Einsatz. Merke: Je höher die Kelvin Zahl, desto weißer (heller) das Licht.

Ein Punkt, an dem ich ebenfalls nicht sparen mag, sind Teppiche. Viel zu oft werden zu kleine Teppiche verwendet, denn ja, ordentliche Teppiche, z.B. aus Naturmaterialien wie Wolle, haben ihren Preis. Dafür machen sie das gesamte Ambiente auf einen Schlag behaglicher und haben eine lange Lebensdauer, wenn man sie gut pflegt. Da die Wohnung ebenerdig liegt, war vor allem die untere Etage ständiger Zugluft am Boden ausgesetzt und mit den Teppichen in den Wohnräumen und im Flur konnte Abhilfe geschaffen werden. Wer echte Gemütlicheit erzielen will, kommt an Textilien und Teppichen nicht vorbei und seien sie noch so klein.

Fun-Part: „Feinschliff“

Schlussendlich ging es an den Feinschliff und hier zählen vor allem die Details. Am einfachsten ist es, sich zu fragen: Wie fühlt es sich an, hier zu leben? Was würde ich vermissen? Was bequemlich finden, für einen Aufenthalt? Damit es den Gästen an nichts mangelt, wurde insbesondere die Küchenausstattung erheblich ausgeweitet. Nun können auch kulinarisch anspruchsvolle Gäste opulent kochen und speisen. Das habe ich gleich mal mit Christin und Jana für ein Fotoshooting getestet.

Darüberhinaus wurden noch Kleinmöbel, etliche Kunstdrucke, Pflanzen und dekorative Wohnaccessoires angeschafft. Auch Pflegeprodukte, Duftkerzen, Lesestoff, ein Erste-Hilfe Set, Regenschirme für das Hamburger Schietwetter und eine Grundausstattung an Notfall-Vorräten sowie Touristen Infos gehören nun zur Ausstattung.

Meine größte Herausforderung war sicherlich das Budget, denn zwischen dem was ich gerne umgesetzt hätte und dem, was finanziell „drin“ war, klaffte eine beträchtliche Lücke. Wer einmal eine sehr große Wohnung eingerichtet hat, weiß, wie viel Budget und vor allem auch Zeit notwendig ist, bis sie perfekt scheint. „Perfekt“ war in diesem Falle keine Option, also ging es darum, maximal zu optimieren. Hierfür musste ich immer wieder den Blick auf Wesentliches richten. Mittels kleiner „Vignetten“ innerhalb der Wohnung gelang es mir dennoch, mich kreativ auszutoben und Ecken zu schaffen, die meine ganz persönliche Handschrift tragen und unter „Design“-Aspekten anspruchsvoll gestaltet sind.

Und jetzt will ich Euch nicht länger auf die Folter spannen, hier kommen die schönen Fotos von Vanessa Madec. Und die Gäste? Sind bislang sehr begeistert!

Auf den Magnetwänden im Flur können Nachrichten ausgetauscht werden.
Die Küchenräume sind in Koch- und Essräume unterteilt.
Die stylisch anmutende Küche bietet Sitzplätze für 6 Erwachsene. Kinder haben einen eigenen Tisch.
Wohn- und Arbeitszimmer gehen direkt ineinander über.

Das weitläufige Wohnzimmer wirkt nun weniger steril und verbreitet Wohlfühlatmosphäre durch Kissen, Lampen und Accessoires. Auf der großen Couch finden viele Personen Platz.
Die alte Fliesenwand im oberen Stockwerk ist ein wundervolles historisches Element mit viel Potenzial – zum jetzigen Zeitpunkt aber noch ein Zukunftsprojekt.
Die Stuckelemente verleihen dem Raum ein ganz besonderes Flair. Die warme Wandfarbe sowie der braune Teppich wirken in ihrer Gemütlichkeit fast schon nostalgisch.
In den Zimmern befinden sich tolle bauliche Details und nun auch Ecken, die zum Schmökern und Verweilen einladen.
Die weißen Ikea Möbel kommen vor der dunklen Wand noch besser zur Geltung.
Die dunkle Wandfarbe lässt den Raum optisch kleiner, aber überaus gemütlich erscheinen. Da viel Tageslicht hineinkommt, taugt das Ausziehbett ideal zum Lesen und Entspannen.
Spielzeugelemente auf einem Regal laden kleine Gäste zum Entdecken ein. In den Boxen befinden sich Glasmurmeln und Malstifte.
Aufgrund seiner geringen Grösse wurde das Kinderzimmer nur mit den wichtigsten Möbeln ausgestattet. Allerdings haben auch hier freundliche Elemente wie schöne Bilder und Regale einen Platz.
Kleine harmonische „Vignetten“ wie diese hier, machen neugierig und das Interieur wirkt absichtsvoll und durchdacht. Goldene Haken an der Bilderleiste fungieren als Schlüsselbrett.

Die Wohnung wurde mittlerweile verkauft, aber bei mir melden darf sich jeder, der Unterstützung bei seiner eigenen Immobilie benötigt! Ich style regelmäßig Wohnungen z.B. für AirBnB Gastgeber oder Immobilienfirmen (Homestaging) und habe große Freude daran. Schreibt dafür gerne eine Email an hello@prettybeautiful.de.

Fotos by Vanessa Madec

Und hier noch ein Nachtrag (14.7.2017):
Zufällig stolperte ich über diesen tollen Artikel zum Thema „Babyparty“ bei Roombeez, wo die Wohnung gefeatured wird. Hooray! 🙂 Wie ihr seht: perfekt für Fotoshootings!

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